Buch zur Geschichte unserer Schule – Ein Zuhause zwischen zwei Buchdeckeln

Das Buch „Schule am Juden­stein. Geschichte und Gegen­wart in der Regens­bur­ger West­ner­wacht“ lässt die reiche Geschichte des alten Schul­stand­orts rund um Kreuz­schule, Woll­wir­ker­gasse, Non­nen­platz und Juden­stein wieder aufleben.

Als Dr. Peter Spa­ten­e­der das Archiv der Real­schule am Juden­stein über­tra­gen bekam, fand er sich eines Tages im Keller der Schule wieder. Dort lagerte in ver­staub­ten Kisten das Gedächt­nis der Schule und bereits mit dem ersten Griff in diese „Schatz­kis­ten“ war klar, dass all die Geschich­ten, die hei­te­ren wie die trau­ri­gen, nur darauf war­te­ten, zu einem Buch zusam­men­ge­tra­gen zu werden. Man fie­bert mit beim Kampf um die Schul­grün­dung, man beob­ach­tet amü­siert wie Hip­pies in den Juden­stein mar­schie­ren, irri­tiert ver­folgt man, wie meis­ter­haft Intri­gen gespon­nen werden, man begeg­net Helden und Feig­lin­gen, Nazi-Schur­ken treten auf und fromme Schwes­tern, Lehrer, Schü­ler und Eltern.

Schul­stand­ort Westnerwacht
Die kurz­wei­lige his­to­ri­sche Unter­su­chung malt nicht nur ein leben­di­ges Bild der schul­ei­ge­nen Geschichte, son­dern greift weit dar­über hinaus. Die Suche nach den Ursprün­gen des Juden­steins führt den Autor zunächst weit in die jüdi­sche Geschichte des Mit­tel­al­ters zurück. Aber auch die span­nende Geschichte des Schul­stand­orts in der West­ner­wacht wird anhand zahl­rei­cher Archiv­ma­te­ria­lien und vieler erst­mals ver­öf­fent­lich­ter Bild­do­ku­mente wieder zum Leben erweckt. Neben der bekann­ten Kreuz­schule und einem Wai­sen­heim gab es hier nicht nur eine Prä­pa­ran­den­schule für ange­hende Volks­schul­leh­rer, son­dern auch eine land­wirt­schaft­li­che Win­ter­schule für junge Bau­ern­söhne und ein Heim der Sale­sia­ner Don Boscos für bedürf­tige Jugend­li­che. Ver­le­ger Fried­rich Pustet ist froh (und auch ein biss­chen stolz), diesen wich­ti­gen Band zur Regens­bur­ger loka­len Geschichte anver­traut bekom­men zu haben: „Denn nicht zuletzt stellt das Buch auch einen Bei­trag zur jüdi­schen Geschichte Regens­burgs dar. Wenn man an die Eröff­nung der Syn­agoge 2019 denkt, dann gewinnt das Thema zusätz­li­che Bedeu­tung“, so der Ver­le­ger. Auch der ehe­ma­lige Schul­lei­ter Anton Schels betont, dass das Buch nicht nur „die Geschichte der Real­schule am Juden­stein, ihre Ver­net­zung mit der Geschichte von Vor­gän­ger­schu­len und päd­ago­gi­schen Orga­ni­sa­tio­nen, son­dern auch einen Teil der Stadt­ge­schichte Regens­burgs groß­ar­tig darstellt.“

Noma­den der Altstadt
Die eigent­li­che Geschichte der Real­schule am Juden­stein begann jedoch in zehn Räumen im Ost­flü­gel der Kreuz­schule, wo die damals neue Schul­art 1955 mit 91 Schü­lern in zwei Klas­sen und drei Leh­rern ihren Betrieb auf­nahm. Zunächst ging man davon aus, in abseh­ba­rer Zeit ein eige­nes Schul­ge­bäude zu erhal­ten. Doch obwohl die Schü­ler­zah­len explo­dier­ten und wenige Jahre später bereits 800 Schü­ler zu beschu­len waren, blieb man in der Kreuz­schule unter­ge­bracht. Der Juden­stein wurde zur „Schule ohne Schul­haus“. Dieses Pro­blem sollte die Schule fast drei Jahr­zehnte lang beglei­ten. Neben der Kreuz­schule muss­ten Filia­len eröff­net werden, die über die ganze Stadt ver­streut waren. Bei jedem Wetter und unter wid­rigs­ten Bedin­gun­gen muss­ten sie von Schü­ler- und Leh­rer­schaft zu Fuß ange­steu­ert werden. Es war die Mit­tel­baye­ri­sche Zei­tung, die 1978 das Lebens­ge­fühl der Wan­der­klas­sen und ‑lehrer auf den Punkt brachte: Die Juden­stei­ner waren zu „Noma­den der Alt­stadt“ geworden.

Ein wich­ti­ger Band zur Regens­bur­ger Geschichte
Amü­sant, kurz­wei­lig und immer flan­kiert von rei­chem Bild­ma­te­rial erzählt das Werk vom Leben und Stre­ben meh­re­rer Gene­ra­tio­nen von Regens­bur­gern, die als Lehrer oder Schü­ler der Schule am Juden­stein ver­bun­den waren. „Dieses Buch gibt unse­rer Schule ein Fun­da­ment und stellt ein wich­ti­ges Iden­ti­fi­ka­ti­ons­an­ge­bot für die Schul­fa­mi­lie dar. Es ist in der baye­ri­schen Schul­land­schaft wohl ein­zig­ar­tig“, freut sich Alois Ein­hau­ser, aktu­el­ler Schul­lei­ter am Juden­stein, dar­über, dass die „ewigen Noma­den“ nun auch ein ideel­les Zuhause gefun­den. Ein Zuhause zwi­schen zwei Buchdeckeln.

Einige Themen des Buches“

Der „Juden­stein“ ist ein etwa 800 Jahre alter Grab­stein des Rabbi Moshe ben Josef. Er ist stum­mer Zeuge der Pogrome von 1519, als die Regens­bur­ger die jüdi­sche Gemeinde ver­trie­ben, die Syn­agoge und das Juden­vier­tel zer­stör­ten und den jüdi­schen Fried­hof schän­de­ten. Wahr­schein­lich wurde er von Alt­dor­fer bei seinem Wohn­haus als Tro­phäe auf­ge­stellt. So gelangte besag­ter Juden­stein in die Nord­ost­ecke der Schule.

Die West­ner­wacht als Schul­stand­ort hat ihren Ursprung in der Säku­la­ri­sa­tion 1803, als die Klös­ter auf­ge­löst wurden. Den Schwes­tern von Hl. Kreuz bot Dal­berg an, das Klos­ter bestehen zu lassen, wenn sie sich künf­tig als Leh­re­rin­nen für die Schul­bil­dung von Mäd­chen bereit­stel­len würden. Die Domi­ni­ka­ne­rin­nen wei­ger­ten sich erst, muss­ten sich dann aber fügen. In der Folge unter­rich­te­ten sie über 200 Jahre junge Mädchen.

Lehrer und Schü­ler: Zahl­rei­che Anek­do­ten und Geschich­ten vom Juden­stein sind in dem Buch gesam­melt. Ein­zig­ar­tig ist etwa das Schick­sal des erblin­de­ten Leh­rers Georg Disch­ner. Ein ganzes Lehr­erle­ben stand seine Frau Hil­de­gard ihm in jeder Schul­stunde treu zur Seite. Die wun­der­sa­men Ver­wer­fun­gen, welche 68er und Hip­pies am Juden­stein mit sich brach­ten, werden ebenso vor­treff­lich geschil­dert, wie die Nöte der ersten Mäd­chen am Judenstein.